Unterrichtsmethoden
Methoden des Unterrichts
Es gibt eine Unterscheidung nach Unterrichtsprinzipien, Verfahren, Sozialformen, Unterrichtsformen und –techniken als Methoden. Methoden sind in der Didaktik die operativen Strukturierungen für die Gestaltung von Unterrichtsplanungen und für den Vollzug von Unterricht. Sie sind bis heute nicht genügend und trennscharf beschrieben worden (z.B. Kron, 2004 4. Aufl. Gudjions 2002).
Wenn man die hierarchische Ebene zwischen Prinzipien, Leitdifferenzen, Postulaten und Formen des Unterrichts unterscheidet, sind die Methoden die inneren und konkreten Steuerungshandlungen eines Lehrenden in seinem Gesamtkonzept.
Eine neue Unterscheidung von Methoden hat Kösel (2002, 2007b,2007c) als Verfahren im personalen, sozialen und sachlichen Bereich (Ich-Bereich, Wir-Bereich, Sachbereich) getroffen: Es sind Methoden die die individuelle Entwicklung des Lernenden fördern können, Methoden, die die soziale Entwicklung in der Lerngruppe im Vordergrund haben, dann die vielen Methoden des Erwärmens, Strukturierens, des Übens, der Begriffsbildung, der Verankerung und Integration, des Behaltens von Wissen und der Leistungsbewertung im Sachbereich und schließlich die Methoden der Prozessteuerung und des Planens von Unterrichts. Dazu kommen die Methoden zur Aufrechterhaltung der eigenen Psychohygiene.
Es sind die Formen didaktischen Handelns als Instrumente des Steuerns und Prozessierens im Unterricht in einer Lernkultur und einer bestimmten Zeit.
Diese Methoden sind inzwischen zu einem umfangreichen Repertoire angewachsen. Lange Zeit wurden Methoden bestimmten Modellen und Theorien direkt zugeordnet. Es wurde dabei vergessen, die diese Methoden in ihrer inneren Struktur und Resonanzkraft bei Lernenden sehr unterschiedliche Reaktionen hervorrufen können und systematisch keine Kausalordnung erlauben. Sie besitzen zwar je eine höhere oder geringere Affinität zu bestimmten Unterrichtskonzepten und Prinzipien, können aber nicht eindeutig und linear zu einem bestimmten Lehrstil zugeordnet werden. Es bleibt aber immer die ganzheitliche Orientierung des einzelnen Lehrenden in einem konkreten Lernkulturraum.
Diese Methoden haben einen operativen, subjektiven und einen symbolischen Charakter: zum einen sind sie die sichtbare Organisation des Lehr- und Lernprozesses, zum anderen aber haben sie eine Tiefenstruktur, die bisher kaum untersucht worden ist. Diese Tiefenstruktur hängt eng mit dem gesamten Faktoren einer Lernkultur und der individuellen Lerngeschichte von Lernenden und Lehrenden zusammen: Man kann im operativen Bereich alle möglichen Formen und Methoden anwenden (z.B. Frontalunterricht, Gruppenunterricht, open - space Unterricht, offener Unterricht, Freiarbeit, Blitzlichtmethode), wenn sie aber in einer Lernkultur bei Lehrenden im Habitus nicht integriert sind, haben sie einen episodischen und damit einen geringen didaktischen Wert. Wenn ein Lehrenden z.B. bisher einen relativ autoritären Frontalunterricht praktiziert hat und nun plötzlich auf Formen wie Partnerarbeit, Projektunterricht mit einem hohen Grad an Selbstorganisation umstellen will, bleibt die Symbolik einer bisherigen top- down Haltung des Lehrenden erhalten. Diese Muster von Unterricht haben sich bei den Lernenden so inkorporiert, dass andere Versionen als nicht zugehörig wahrgenommen werden. Seine Bemühungen sind bei Lernenden nicht glaubhaft und verstehbar. Nur wenn eine gemeinsame Symbolisierung und ein gemeinsames Ringen um neue Formen bei Lehrenden und Lernenden für die Beteiligten erkennbar ist und sich allmählich zu neuen Mustern ausbildet. wird es zu neuen gewünschte Resonanzen kommen.
Naive Umstellungen z.B. vom hierarchischen Unterricht zum selbstorganisierten Unterricht oder beim Umbau von Lernkulturen führen langfristig zu keiner Veränderung im Schulklima oder in einer Schulentwicklung (Kösel 2007b). Wenn die Tiefenstruktur bisher von Gesten, Riten, Feste und Feiern mit Oben- unten Grammatiken verbunden und zu Alltagsmuster ausgebildet war, werden alle Versuche, neue glücksbringende Methoden einzuführen, langfristig keine Erfolge haben.
Es ist deshalb nötig, die unten stehenden Methoden nicht taxonomisch nach ihrer äußeren Wirkung zu ordnen, sondern es müssen zunächst die köhärenten Elemente einer Lernkultur (Leitdifferenzen, Prinzipien, Postulate, Methoden, Alltagsmuster usw.) und die Passung für den einzelnen Lehrenden identifiziert werden, um evtl. neue Methoden einzuführen.
Nach Kösel können die Methoden in folgende Bereiche eingeteilt werden:
1. Methoden im Sachbereich
2. Methoden im Wir-Bereich
3. Methoden im Ich-Bereich
4. Methoden der Prozessteuerung
5. Methoden zur eigenen Psychohygiene
6. Methoden einer lebendigen Didaktik
1. Methoden im Sachbereich: (Auswahl):
Informieren
Vortrag
Power- Pont
Bücher
Folien
Impulsplakate
Kurzfilme
Impulskarussell
Kurz-Diaserie
Reportagen
Collagen
Lernarrangements (z.B. Zirkel-Arbeit)
Methoden der Erwärmung
Entspannungsübungen ( z.B. Entspannungstechnik)
Identifikationsübungen
Impulsplakate oder Bilder
Fallbeispiele mit Antworten
Phantasiereisen
Klebepunkte- Technik
Collagen
Methoden der Strukturierung und Differenzierung
Auswahl
Präsentation
Info-Stände, Info-Wände
Info-Karussell
Info-Börse
Meinungsmarkt
Lernmärkte
Bienenkörbe
Thesenbewertung
Metaphern zum Thema sammeln
Bündeln
Gewichten
Reihen
Zusammenhänge
Bilder
Dramatisieren
Lernparcours
Logogramme
Dimensions-Analyse
Metaplan-Technik Skulpturen
Info-Markt
Dreiecks- Methode
Mind-Mapping, concept mapping
Begriffsparcours
Alternativtechniken
Zirkuläres Fragen
Strategiewürfel
Topo- maps
Vernetzungsmethoden
Visualisierungs-
Rituale
Stop- and Go-Box
Methaphern
Emotionale Verknüpfung
Bildergeschichten
Zaubersprüche
Malen
Mythenbildung
Personifizieren / Dramatisieren Lernrituale
Kreativmethoden
Loyalitätsbindung
Spontanmethoden
Reframing
Lernparcours
Regel-Kommunikation als Ritualbildung
Superlearning
Verstörungen
Laterales Denken
Denken von rückwärts
Positives Re-Definieren
Die Logiken des Entscheidens/Nichtentscheidens; des gedanklichen Driftens(Colombo-Logik), der Metaphorik. des Prioritätsirrtums usw.
2. Methoden im Wir-Bereich (Auswahl):
Übungen zum Gruppenethos
Entscheidungsmethoden
4 - 6 Ecken-Methode
Klebepunkte
Baum-Methode
Dilemma-Techniken
Strategien zu Moral und Ethik
Meditationsformen
Gruppenmythen
Matriarchale Formen (z.B. als Frau die Führung übernehmen)
Patriarchale Formen ( Unterscheidung zwischen Grenzensetzen und Variationsmöglichkeiten)
Gruppenkultur (z.B. wer sind wir eigentlich?)
Aktives Zuhören
Paraphrasieren
Laster der Gesprächsführung
„Killerphrasen“
Feedbackmethoden
Blitzlicht
Feedback-Profil
Verschiedene Formen des Blitzlichts
Gruppenfoto / Statue
Innerer Gruppendialog
Gruppen-Symbole
Superzeichen
Embleme
Energieträger
Identifikation mit Edelsteine / Pflanzen etc.
Körperkultur in der Gruppe
Reflexzonen
Aromakultur
Bewegungstechniken
Begrüßungs- und Abschiedsrituale
Anfangsrituale
Verlaufsrituale
Kooperationsübungen
Interaktionsmethoden
Strategien zur Freundschaft und Gruppennormen
Rollenbücher der Gruppe / der Clique
Positives Re-Definieren
Bedürfnis-Hierarchie
Gruppenkontrolle
Szenarios
Feld-Feedback
Gruppen-Dynamische Übungen
Selbsterfahrung
Marktplatz
Beeinflussungs-Stern
Störungen haben Vorrang (TZI)
Selbst- und Fremd-Einschätzung
Spontaneitätstest
Gruppenentscheidungen
Prioritätenliste
Anzetteln
Soziometrische Methoden (z.B. Epistemetrie)
Vertrauens-Entscheidungen
Fish- Pool
Zukunfts-Werkstätten
Gruppensprache
Kommunikationsmethoden
Die 4 Seiten einer Nachricht
Lernsprachübungen
Begriffsparcours
Anderes Ich („Alter Ego“)
Kommunikation und Kontakt
Soziale Netzwerke
Sozialformen
Partnerarbeit
Diverse Gruppenformen
Netzübungen
Soziometrische Übungen Gruppen-Lernrituale
Einweihungsriten
Spiele
Beschämungsrituale
„Der kleine Professor“
Tanzrituale
Imaginations-Rituale
Gruppen- Aggressionsübungen
Aggressions-Methoden
Missachtungs-Übungen
Negatives Streicheln
Destruktive Botschaften
Befreiungsübungen (Lowen)
Ampelfeedback
Dreiecksmethode
Zeitstruktur der Gruppe (TA)
Rituale
Sicht-Zurückziehen
Zeitvertreib
Spiele
Aktivitäten
Intimität
Gruppen-Bewusstheit
Selbstregulation
Awareness gegenüber den Gruppenmitgliedern
Interaktionsformen der Gruppe
Informationsmärkte
Distanz-Nähe-Übungen
Macht-Ohnmacht-Übungen
Der Energiehaushalt in der Gruppe
Energie der Triebe
Lust -Spannungsübungen
Körperübungen
Panzerungsübungen
Gruppenleitung- Formen
Mein Markenzeichen
Erfolgs-Thermometer
Ich, Gruppe, Leiter
Erwärmung
Entspannungsübungen in der Gruppe
Gruppeneinblick
Identifikationsübungen
Impulsplakate
Fallbeispiele mit Antworten
Mitspielgeschichten
Thematisches Würfelspiel
Gruppe als Info-Träger
Hearing
Erfassung der Gruppentheorien zu einer Sache, einem Thema
Schema zur Realitätstheorie Meinungsspektrum
Berufliche Schicksalslinie
Lernspiele (Vopel)
3. Methoden im Ich-Bereich
Übungen zur Selbstorganisation
Vortheorien der Lernenden
Imaginationsmethoden
Rollenbücher des Lebens
Realitätstheorie-Rad
Titel finden
Assoziationsmethoden
Mein individuelles Rollenbuch in der Familie, in der Schule, bei meinen Freunden
Anpassungsformen
Kompromisse
Demutshaltungen
Ärger-Freude-Kuchen
Strukturdeterminations-Spiel
Rollenübernahme-Übungen (Rollentausch, Spiegeln, Selbstgespräch)
Fremd-Selbst Wahrnehmungs-Methoden
Imagination
Gedankenaffirmation
Vortheorien zur Gruppe
Phantasie-Übungen
Wohin gehöre ich?
Soziometrie: Soziales Atom
Methoden aus der Szenischen Didaktik (Spiegeln, Doppelgänger, Rollentausch).
Entspannungsübungen
Zentrierübungen
Meditation
Musik
Vertrauensübungen
Angsttraining
Übungen im Umgang mit Macht
Tagebücher
Briefe an sich selbst
4.Methoden der Prozessteuerung und Entscheidung
Training in der Selbstorganisation und Selbstdifferenzierung
Training in der Wissenskonstruktion
Projektentwürfe ( Architektenbüro für die Konstruktion von Wissen)
Selbststeuerungsmethoden
Szenarios
Gruppensteuerungsmethoden
Stufen der Gruppenentwicklung
Gruppeneinblick
Interventionstechniken
„Rabattmarken-Analyse
„Dramadreieck“: Retter-Opfer-
Verfolger (TA)
„Macht den Sieger unter euch aus!“
Verankerung, Wiederholen, Behalten und Üben
Plan- und Produktionsspiele
Methode 66
Fallbeispiele
Integrale Verknüpfung und Resonanzübungen
Szenario
Projekte
Erlebnispädagogische Projekte
Gestaltmethoden
Psychodrama: Spontaneitätstest, Rollentausch
Koalitionen bilden
Subventions-Spiele
Spiel mit „Lernen III“
Spiel mit „Flächenland“
5. Methoden zur eigenen Psychohygiene des Lehrenden
Der Beruf des Lehrenden ist zunehmend komplexer, schwieriger und teilweise frustrierender geworden. Ohne ausreihende Unterstützung fallen viele Lehrende in Passivität und in Burn out Syndrome. Es gehört daher zum Selbstverständnis, dass sie sich um Unterstützung umschauen. Hilfen gibt es dafür viele.
Auswahl:
Band III.S.210- 218 f.
Methoden der biographischen Selbstreflexion
Umgang mit Aggression
Umgang mit den verschiedenen Chreodentypen
Rollentausch
Methoden der Abgrenzung
Zielvereinbarungs- Techniken
Angstbewältigung
Aggressionsübungen
Umgang mit den Vorgesetzten und Kollegen ( Abgrenzung, falsche Loyalität, angemessene Kritik, Konstruktive Vorschläge gegenüber Destruktion und Machtkampf in einer konkreten Lernkultur, usw.) , Trias der Kommunikation ( Hören, Verstehen, Entscheiden).
Gesamtkonzepte wie TZI, Transaktionsanalyse, NLP, Gestalttherapie, Psychodrama usw. bieten viele Möglichkeiten zur eigenen Psychohygiene
Die Anzahl von Methoden kann im vieles mehr erweitert werden.
Jeder Lehrende sollte sich selbst eine Liste anfertigen, in der er sein bisherigen Methoden einträgt und welche er in nächster Zeit hinzu fügen möchte.
Man kann sie auch nach ihrer inneren Struktur (Symbolwert, Hoffnung, Ermutigung usw.) oder nach der Passung für Lern- und Verhaltenstypen einteilen. Hier liegt ein großer Bedarf nach empirischer Absicherung vor.
Literatur:
Karl Heinz Brisch/ Theodor Hellbrügge (2006): Kinder ohne Bindung
K-H Arnold,/E. Jürgens.(2001): Schülerbeurteilung ohne Zensuren. Neuwied.
M. Jachmann (2003): Noten oder Berichte. Die schulische Beurteilungspraxis aus der Sicht von Schülern, Lehrern und Eltern. Opladen.
E. Jürgens (2008): Was ist ein guter Unterricht? Neue Konzepte im Wandel der Lernkultur.Bd.4..Päd. Führung in Schulleitung.
E. Kösel (2002): Die Modellierung von Lernwelten.
Band I(2002): Die Theorie der Subjektiven Didaktik. Wissenschaftliche Grundlagen. 4. Aufl. ISBN 3-8311-3224-0. Bahlingen. Darin S. 307- 313
Band II (2007): Die Konstruktion von Wissen. Eine didaktische Epistemologie für die Wissensgesellschaft. ISBN 978-3-00-020795-2. Bahlingen. Darin S.462
Band III: (2008): Die Entwicklung postmoderner Lernkulturen. Ein Plädoyer für den Umbau der Schule. ISBN 978-3-00-020794-5. Bahlingen .Darin S.211-218.
D. Olweus (1996):Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten und tun können.
Kurt Singer(1998): Die Würde des Schülers ist unantastbar. München
F. Winter (2004): Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit Schülerleistungen. Hohengehren
Norbert Seibert (1999): Kindliche Lebenswelten. Bad Heilbrunn
Roth, G.(2003):Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt/M.
Heitkämper, P.(2000): Die Kunst erfolgeichen Lernens. Handbuch kreativer Lehr -und Lernformen. Paderborn
Weber, W. (1974). Wege zum helfenden Gespräch. München: Reinhardt
Fuhr, R. (1992): Erfahrungen mit gelungener Gruppenarbeit.
Gilsdorf, R (2004):Kooperative Abenteuerspiele. Köln
Gilsdorf, R.( 1999) Abenteuer Schule. Praktische Erlebnispädagogik
Kaiser, A.(2003): 1000 Rituale für die Grundschule. Baltmannsweiler
Klippert, H.(1994): Methodentraining. Übungsbausteine für den Unterricht Weinheim, Basel
Heitkämper, P- (1995): Die Kunst erfolgreichen Lernens. Handbuch kreativer Lehr- und Lernformen. Paderborn
Kösel, E. (1975) Soziale Lernziele in der Schule Ravensburg
Langmaack, B, Braune- Krickau (200o.7.Aul.):Wie die Gruppe
laufen lernt. Weinheim
Schulz v. Thun, F. (1992), Miteinander reden, Bd. 2, Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Reinbek
Seiffert, J.W.(1995): Gruppenprozesse steuern, Offenbach
Vopel, K.(1975-76): Interaktionsspiele.Teil1-6. Reihe: Lebendiges Lernen und Lehren. Hamburg. ISKO Press
Vopel, K.W. (1997): Handbuch für Gruppenleiter, Materialen für Gruppenleiter 8 Bände ISKO Press, Salzhausen: